Anbahnung musik- und tanzkultureller Teilhabe
sowie Professionalisierung im JeKits-Programm


Forschen mit Kindern

Das Forschen über Kinder hat eine lange Tradition – das Forschen mit Kindern ist hingegen ein noch junges Forschungsfeld. In der AnmuT-Studie gehen wir davon aus, dass Kinder viele Entscheidungen selbst treffen und ihre Sichtweisen einbringen können, ihre Möglichkeiten dazu aber immer auch von ihrem Umfeld und den Erwachsenen um sie herum beeinflusst werden. Wir sehen Kinder als Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenswelt, deren Perspektiven für die Forschung unverzichtbar sind. Dabei ist uns wichtig, ihre Sichtweisen sorgfältig und respektvoll zu erfassen – und gleichzeitig ihr Wohl und ihre Rechte zu schützen.

Informierte Zustimmung der Eltern und der Kinder

Für die Teilnahme an der AnmuT-Studie ist sowohl die Zustimmung der Erziehungsberechtigte als auch der Kinder erforderlich. Die Einwilligung erfolgt schriftlich über Einverständniserklärungen. Informationen zu Forschungszielen und -methoden sind auf der Homepage öffentlich zugänglich.

Die Kinder werden im Vorfeld von zwei Forscherinnen besucht, die sie in verständlicher, altersgerechter Sprache über die Ziele und Methoden informiert. So wissen die Kinder, was sie erwartet. Anschließend entscheiden sie selbst, ob sie freiwillig teilnehmen möchten. Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Nichtteilnahme keinerlei Nachteile für sie hat. 

Datenschutz und Anonymität

Die Daten der Kinder werden sorgfältig und vertraulich behandelt. Bereits bei der Transkription werden Audiodateien anonymisiert. Die gesamte Datenverarbeitung erfolgt gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). So wird sichergestellt, dass die Identität der Kinder geschützt bleibt.

Die Datenspeicherung erfolgt über den nicht-kommerzielle Cloudspeicherdienst Sciebo, der in Nordrhein-Westfalen für Forschung, Studium und Lehre hochschulintern zur Verfügung steht. Zur zusätzlichen Sicherung werden die Daten auf einer externen Festplatte gespeichert, die in einem Safe aufbewahrt wird.

Erzählfreude und Vertrauen

Die Erzählbereitschaft und Erzählfreude von Kindern hängt stark von der jeweiligen Situation ab. Da Kinder meist keine Vorerfahrungen mit Interviews haben, kann es vorkommen, dass sie Befragungssituationen als unangenehme Testsituation wahrnehmen. Um stattdessen eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre zu schaffen, in der die Kinder idealerweise auch miteinander ins Gespräch kommen, werden die Interviews zunächst in einer Gruppensituation mit bis zu acht Kindern durchgeführt.

Gruppeninterviews

Kinder im Grundschulalter treffen sich normalerweise nicht in Kleingruppen, um über ein bestimmtes Thema zu sprechen. Daher strukturiert die Forscherin das Gespräch mit offenen Fragen, die die Kinder zum Erzählen anregen. Im Gegensatz zu einem selbstläufigen Gespräch, bei dem die Redebeiträge möglicherweise sehr ungleich verteilt sind, interessieren sich die Forscherinnen ausdrücklich auch für die Sichtweisen der Kinder, die zunächst eher zuhören. „Stillere“ Kinder werden gezielt ermutigt, ihre Perspektiven einzubringen. Kinder, die aufgrund sprachlicher oder anderer Barrieren Unterstützung benötigen, werden – soweit möglich – von vertrauten Fachkräften begleitet. Um die Beteiligung zu erleichtern, werden Brücken gebaut, gleichzeitig wird respektiert, wenn ein Kind sich nicht am Gespräch beteiligen möchte – die Teilnahme bleibt auch hier jederzeit freiwillig.

Dem Forschungsteam ist es wichtig, dass die Kinder Freude an der Situation haben und motiviert bleiben. Während der Gruppeninterviews sind mindestens zwei Forscherinnen anwesend. Eine begleitet das Gespräch, die andere beobachtet das Wohlbefinden der Kinder „von außen“ und bietet bei Bedarf Pausen in Form von Liedern oder Bewegungseinheiten an. 


Einzelinterviews – Raum für vertiefende Gespräche

Nach der Auswertung der Gruppengespräche finden mit ausgewählten Kindern Einzelinterviews statt. Ziel ist es, ein tieferes Verständnis für geäußerte Sichtweisen zu gewinnen, offene Fragen aus den Gruppeninterviews aufzugreifen und individuelle Erfahrungen genauer zu erfassen. Einzelinterviews ermöglichen es, Informationen stärker im jeweiligen biografischen Kontext zu verorten und differenzierter zu verstehen.

Ein Gespräch zwischen einer erwachsenen Person und einem Kind ist immer von einer Hierarchie geprägt. Um eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, führt daher möglichst eine Forscherin das Interview, die dem Kind bereits aus der Gruppensituation bekannt ist. Sie kommuniziert „auf Augenhöhe“, das heißt: Sie nimmt das Kind ernst, verwendet eine altersgerechte Sprache, gibt anschauliche Erklärungen, hört geduldig zu und lässt dem Kind Raum, sich in seinem eigenen Tempo zu äußern. Die Sichtweisen des Kindes werden respektvoll und wertschätzend behandelt, und es wird deutlich gemacht, dass seine Beiträge einen wichtigen Teil der Forschung darstellen.


Die Gedankenhöhle – ein Raum für kreatives oder erzählendes Erinnern

Wenn es die räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten vor Ort zulassen, wird im Anschluss an die Einzelinterviews die sogenannte Gedankenhöhle angeboten. Dabei handelt es sich um ein gemütlich gestaltetes Sinneszelt, in dem ein Mikrofon bereitsteht. Die Kinder können dort frei wählen, ob sie ihre Gedanken und Erinnerungen mündlich ins Mikrofon sprechen oder sie in Form von Zeichnungen ausdrücken möchten. Die so entstehenden Gestaltungen werden nicht als eigenständige Forschungsdaten analysiert, sondern dienen als Gesprächsanlass. Sie eröffnen zusätzliche Möglichkeiten, Erinnerungen zu aktivieren und Themen anzusprechen, die in einem rein sprachlichen Interview vielleicht nicht so leicht zur Sprache kämen.


Kinder interviewen Kinder

Derzeit wird ein Format entwickelt, in dem die Kinder selbst die Rolle der interviewenden Person übernehmen. Mit vorbereiteten und selbst entwickelten Fragen führen sie eigenständig Gespräche mit anderen Kindern. Diese Form kann die Gesprächssituation lockerer machen und ermöglicht Perspektiven, die im direkten Austausch mit Erwachsenen womöglich nicht entstehen würden. Gleichzeitig stärkt sie die Rolle der Kinder als aktive Mitgestaltende des Forschungsprozesses.