Anbahnung musik- und tanzkultureller Teilhabe
sowie Professionalisierung im JeKits-Programm


Sampling

Sampling bedeutet, gezielt Personen, Situationen und Institutionen auszuwählen, um ein möglichst vielfältiges Bild zu erhalten. Anders als in der Statistik geht es dabei nicht vorrangig um Repräsentativität, sondern darum, unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen sichtbar zu machen.

In unserem Projekt heißt das: Die Auswahl der Kinder, Lehrpersonen sowie der Standorte, also der Kooperationen zwischen außerschulischen Bildungspartnern und Grundschulen, folgt einer klaren Samplingstrategie. Sie orientiert sich an zentralen Differenzlinien und bezieht bewusst verschiedene Perspektiven, Erfahrungen und Rahmenbedingungen ein, um ein möglichst umfassendes Bild des JeKits-Programms zu gewinnen.

Samplingstrategie

Unsere Samplingstrategie folgt den Prinzipien der Grounded Theory Methodologie (GTM). Das bedeutet, dass die Auswahl der Kinder, Lehrpersonen und Standorte nicht vollständig im Vorfeld festgelegt wird, sondern sich im Forschungsprozess weiterentwickelt. Die Entscheidung, wen wir befragen, richtet sich dabei nach dem Prinzip des theoretischen Samplings: Wir wählen gezielt Fälle aus, die bestimmte Fragen klären, neue Perspektiven eröffnen oder bisherige Annahmen in Frage stellen.

Um diese Auswahl systematisch zu gestalten, legen wir sogenannte Sampling-Kriterien fest. Sie geben Orientierung, wer oder was in die Untersuchung aufgenommen wird (Einschlusskriterien) und wer oder was nicht berücksichtigt wird (Ausschlusskriterien). Solche Kriterien sind wichtig, um die Relevanz für unsere Forschungsfragen sicherzustellen und Vergleiche zwischen verschiedenen Daten zu ermöglichen.

Ein zentrales Ziel ist dabei, Kontraste sichtbar zu machen: Wir achten auf Unterschiede in den Erfahrungen und Kontexten, um die Vielfalt im JeKits-Programm zu erfassen. Dieser Prozess setzt sich so lange fort, bis keine neuen relevanten Erkenntnisse mehr gewonnen werden können – ein Zustand, den man in der qualitativen Forschung als theoretische Sättigung bezeichnet.

Samplingkriterien

Schon vor der Datenerhebung gilt es zu klären: Welche Personen, Ereignisse und Institutionen nehmen wir in die Untersuchung auf – und nach welchen Regeln geschieht diese Auswahl?

Samplingkriterien legen fest, welche Personen (z. B. Kinder oder Lehrkräfte), Ereignisse (z. B. JeKits-Unterricht) oder Institutionen (z.B. Grundschulen) in eine Stichprobe aufgenommen oder ausgeschlossen werden. Man unterscheidet dabei zwischen Einschlusskriterien, die eine Teilnahme ermöglichen, und Ausschlusskriterien, die eine Teilnahme ausschließen. Solche Differenzlinien strukturieren den Auswahlprozess.

Samplingkriterien helfen sicherzustellen, dass die Stichprobe für die Forschungsfrage relevant ist. So vermeiden wir, Menschen zu befragen, deren Sichtweise mit Blick auf JeKits nicht aussagekräftig wäre. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass sich die erhobenen Daten trotz aller Vielfalt sinnvoll vergleichen lassen – etwa, weil alle Befragten mit JeKits zu tun haben. Und schließlich tragen sie dazu bei, dass die Ergebnisse übertragbar werden, also Erkenntnisse für das gesamte Programm in NRW liefern können. Für Kinder, Lehrkräfte und Standorte wurden jeweils eigene Kriterien entwickelt und angewandt.

Sampling von Kindern

Kriterien

Die Auswahl der Kinder orientierte sich an Differenzlinien wie Geschlecht, Teilnahme oder Nichtteilnahme an JeKits 2, kultureller und sozialer Hintergrund, musikalische Vorerfahrungen sowie kulturelle Aktivitäten über das JeKits-Programm hinaus. Auch soziale Rahmenbedingungen wurden berücksichtigt, beispielsweise durch die Einbeziehung von Daten zu Beitragsbefreiungen oder -ermäßigungen. Zusätzlich spielten die Dynamiken in den Gruppeninterviews eine wichtige Rolle: Es wurden sowohl Kinder ausgewählt, die sich dort besonders prägnant äußerten, als auch solche, die eher zurückhaltend waren. Auf diese Weise konnten unterschiedliche Formen der Artikulation und Teilhabe erfasst werden. Ein weiterer Aspekt im Schwerpunkt Instrumente war, ob Kinder ihr Wunschinstrument fortführen konnten.

Umsetzung

Die Kriterien zeigten sich zunächst in den Gruppeninterviews, die als Grundlage für die weitere Auswahl dienten. Die Kleingruppen wurden in enger Absprache mit den Lehrkräften zusammengestellt; alle Kinder entschieden selbst, ob sie teilnehmen wollten.  Darauf aufbauend luden wir gezielt Kinder zu Einzelinterviews ein, um Hypothesen aus den Gruppengesprächen zu vertiefen oder zu verwerfen und unterschiedliche Perspektiven systematisch gegenüberzustellen. Ergänzende Kontextinformationen – etwa zu sozialen Rahmenbedingungen – halfen dabei, die Auswahl so zu steuern, dass ein möglichst breites Spektrum an Erfahrungen in das Forschungsfeld einfloss.

Neben den Stimmen der Kinder sind auch die Erfahrungen und Sichtweisen der Lehrkräfte entscheidend, um das JeKits-Programm in seiner Vielfalt zu verstehen.

Sampling von Lehrkräften

Kriterien

Auch für die Auswahl der JeKits-Lehrpersonen haben wir verschiedene Differenzlinien berücksichtigt: Geschlecht, Alter, Berufserfahrung, Ausbildungsweg (inklusive Quereinstieg), JeKits-Schwerpunkt, kulturelle Herkunft, Fortbildungsteilnahme, institutionelle Funktionen sowie das jeweilige Vertragsverhältnis. So wollten wir die Vielfalt der beruflichen Hintergründe und Perspektiven sichtbar machen.

Umsetzung

Derzeit führen wir Einzelinterviews mit JeKits-Lehrkräften an den Standorten durch, wobei die Auswahl gezielt kontrastierend erfolgt. Aufbauend darauf sind Gruppendiskussionen zu den Programmschwerpunkten Instrumente, Tanzen und Singen geplant. Auch Grundschullehrkräfte der beteiligten Schulen werden im weiteren Verlauf der Studie einbezogen, um ihre Perspektive auf die Einbindung von JeKits in den Grundschulalltag zu erfassen.

Doch nicht nur Personen prägen das Programm – auch die Rahmenbedingungen der Standorte spielen eine zentrale Rolle.

Sampling von Standorten

Kriterien und Umsetzung

Unter einem Standort verstehen wir die Kooperation zwischen einem außerschulischen Bildungspartner und einer Grundschule. Für unsere Untersuchung wurden ausschließlich Einrichtungen aus Nordrhein-Westfalen berücksichtigt.

Für den Erhebungszeitraum 2024–2026 wurden sieben Standorte in die Untersuchung einbezogen. Sie umfassen sechs außerschulische Bildungspartner und sieben kooperierende Grundschulen. Die Auswahl erfolgte in enger Abstimmung zwischen dem Forschungsteam und der JeKits-Geschäftsstelle, um sowohl organisatorische Gesichtspunkte als auch die regionale und soziale Vielfalt des Programms angemessen zu berücksichtigen. Grundlage bildeten nachfolgende zentrale Differenzlinien, die eine breite Abbildung unterschiedlicher Bedingungen und Kontexte ermöglichen.

Außerschulischer Bildungspartner
Grundschulen
Programmdauer

Das Spektrum umfasst sowohl Institutionen mit langjähriger Erfahrung aus JeKits bzw. dem Vorgängerprogramm JeKi als auch Partner, die erst später eingestiegen sind. Gemeinsam ist allen, dass sie seit mindestens fünf Jahren Teil des Programms sind. Diese Mischung ermöglicht es, Erfahrungen aus unterschiedlichen Entwicklungsphasen und Kontexten zu berücksichtigen. Die Jahreszahl am Gebäude zeigt jeweils den Zeitpunkt des Programmeintritts.

JeKits-Schwerpunkte

In unserem Sample sind alle drei Programmbereiche vertreten: Instrumente, Tanzen und Singen. Der Schwerpunkt Instrumente ist mit vier Grundschulen stärker vertreten, da hier zusätzlich Erfahrungen aus dem Vorgängerprogramm JeKi einfließen. Zwei weitere Schulen repräsentieren den Bereich Tanzen, der sich insbesondere durch unterschiedliche Trägerschaften und Ausbildungswege der Lehrenden auszeichnet. Eine Schule steht für den Schwerpunkt Singen. In der Visualisierung werden die Schwerpunkte bei den Bildungspartnern durch Symbole im Dach und bei den Grundschulen durch die entsprechenden Farbcodes kenntlich gemacht.

Trägerschaft

Die außerschulischen Bildungspartner in unserem Sample decken ein breites Spektrum ab – von kommunalen Musikschulen in öffentlicher oder freier Trägerschaft über Tanzinstitutionen bis hin zu Vereinen. In der Visualisierung wird die jeweilige Trägerschaft durch eine Fahne dargestellt.

Sozialstruktur

Bei der Auswahl der Grundschulen wurde der schulscharfe Sozialindex herangezogen. Er ermöglicht es, unterschiedliche soziale Zusammensetzungen der Kinder sichtbar zu machen – etwa im Hinblick auf Kinder- und Jugendarmut, den Anteil von Schülerinnen und Schülern mit vorwiegend nichtdeutscher Familiensprache, eigener Zuwanderungserfahrung oder mit den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung (LSE). In der Visualisierung wird der Sozialindex durch die Uhrzeit dargestellt.

Kommunales Umfeld

Unsere Standorte liegen in ganz unterschiedlichen Umgebungen – von kleinen Gemeinden bis zu großen Städten. Damit lässt sich zeigen, wie JeKits unter sehr verschiedenen regionalen und sozialen Bedingungen umgesetzt wird. Grundlage ist die von der Bertelsmann-Stiftung entwickelte Demografietypisierung. In unserem Sample vertreten sind die Typen 2, 3, 4, 6, 7 und 8. Die Typen 1 und 11 kommen in Nordrhein-Westfalen nicht vor. In der Grafik wird der jeweiligen Demografietyp durch die Ziffer im Fenster angezeigt (z.B. Typ 2).

Besonderheiten

Einige Standorte zeichnen sich durch besondere Profilbildungen aus. Dazu gehören zum Beispiel systematische Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte, eigens eingerichtete Koordinationsstellen für JeKits oder regelmäßige interne Evaluationen.  Diese Besonderheiten werden in der Grafik durch Symbole in den Fenstern dargestellt.

Auch inhaltlich zeigen sich deutliche Schwerpunkte: Manche außerschulische Partner setzen auf populäre Musikstile, andere spezialisieren sich auf bestimmte Instrumentengruppen wie Blasinstrumente. Auf Seiten der Schulen finden sich ebenfalls besondere Akzente – etwa jahrgangsübergreifende Lerngruppen, eine konsequente Ausrichtung auf Inklusion oder die Durchführung von JeKits 2 im Klassenverband.

Darüber hinaus unterscheiden sich die Standorte in ihrer institutionellen Vernetzung: Einige sind eng mit regionalen Musikvereinen oder weiterführenden Schulen verbunden, andere weniger stark. Ergänzend floss die Bandbreite der Übergangszahlen vom ersten ins zweite JeKits-Jahr in die Auswahl ein – von deutlich unterdurchschnittlichen bis weit überdurchschnittlichen Werten.

Hohe Übergangszahl JeKits 1 zu Jekits 2

JeKits 2 im Klassenverband

ausgewiesener Inklusionsschwerpunkt

Vernetzung

besondere Personalentwicklungsmaßnahmen

besonderes Qualitätsmanagement

besondere künstlerische Profile

Exemplarisches Beispiel

Anhand zweier fiktiver Standorte (StO A und StO B) lassen sich die Unterschiede, die für unser Sampling wichtig sind, gut nachvollziehen:

Standort A liegt in einer ländlichen Region. Träger ist ein Musikverein, der Blasinstrumente in den Mittelpunkt stellt und mehrere Spielkreise für verschiedene Altersgruppen anbietet. Die dazugehörige Grundschule mit dem Schwerpunkt Instrumente gehört zum Demografietyp 4 und weist den Sozialindex 2 auf. Die Übergangsquote von der ersten zur zweiten JeKits-Klasse ist besonders hoch. Standort A ist fest in das Dorfleben eingebunden und prägt dieses mit seinen musikalischen Aktivitäten.

Ganz anders sieht es an Standort B aus: In einer Großstadt gelegen, ist der Bildungspartner eine kommunale Musikschule im Verband deutscher Musikschulen (VdM). Sie deckt alle drei Programmschwerpunkte – Instrumente, Tanzen und Singen – ab, unterstützt regelmäßige JeKits-Fortbildungen und hat eine eigene Koordinationsstelle eingerichtet. Besonders stark ist die Vernetzung mit weiterführenden Schulen, die ein breites musikalisches Profil anbieten. Auch die Grundschule unterscheidet sich deutlich: Sie bietet den Schwerpunkt Tanzen an, gehört zum Demografietyp 7, trägt den Sozialindex 4 und setzt auf ein inklusives Profil mit geschultem und erweitertem Personal. JeKits 2 findet hier im Klassenverband statt, die Übergangsquoten bewegen sich im Durchschnitt. 

So entsteht ein kontrastreiches Bild: Ein Standort, der mit klarer Fokussierung und enger Dorfverankerung arbeitet – und ein Standort, der auf Vielfalt, breite Strukturen und urbane Netzwerke setzt.